Vor mehr als 30 Jahren ist die Cochlea-Implantat-Versorgung dank der Pionierleistung der HNO-Klinik an der Medizinischen Hochschule Hannover in der klinischen Routine eingegangen.
Aber die Anforderungen sind groß: „Die Operateure benötigen langjährige quasi tägliche Erfahrungen in der speziellen Mikrochirurgie des Ohres und im Umgang mit allen Materialien jedes Implantates bis hin zum Umgang mit möglichen Komplikationen, es muss ein interdisziplinäres Team für die Patienten da sein – und vor allem muss die lebenslange Nachsorge in der Klinik und bei Ihnen zuhause gewährleistet sein“, erklärt Prof. Dr. med. Dr. h.c. Roland Laszig, Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Freiburg.
Um also einheitliche Mindeststandards zu vereinbaren, haben die größten und erfahrensten CI-Kliniken die „Leitlinie für die verbesserte, integrierte und lebenslange Cochlea-Implantat-Versorgung“ erarbeitet unter Führung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Diese Leitlinie richtet sich an die Experten aller beteiligten Disziplinen und Fachrichtungen und stellt für die Betroffenen und ihre Angehörigen eine Orientierungshilfe dar. Die Leitlinie wurde bis zum 12. März 2012 von den Präsidien folgender Fachgesellschaften und Vereine beraten und angenommen:
• Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V.
• Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen (ADANO)
• Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V.
• Deutsche Gesellschaft für Audiologie
• Cochlear Implant Gesellschaft Deutschland e.V.
• Deutsche Cochlear Implant Gesellschaft e.V.
• Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie e.V.
• Deutscher Bundesverband für Logopäden e.V.
• Berufsverband Deutscher Hörgeschädigten-Pädagogen
• Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie e.V.
• Arbeitsgemeinschaft Cochlear Implant Rehabilitation (ACIR)
• Deutscher Schwerhörigenbund
• Deutsche Gesellschaft für Neuropädiatrie
Die Autoren sind Mitglieder der CIGD: Prof. Prof. h.c. Dr. med. Thomas Lenarz, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf und Hals-Chirurgie und Cochlear Implant Gesellschaft Deutschland, sowie Prof. Dr. med. Dr. h.c. Roland Laszig, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf und Hals-Chirurgie und Cochlear Implant Gesellschaft Deutschland.
Dieser Leitfaden ermöglicht den Patienten eine Orientierung während der komplexen Cochlea-Implantat-Versorgung. „Wir möchten Sie hiermit sensibilisieren für die Mindestanforderungen, die Sie von der CI-Klinik erwarten sollten. Therapeutisches Ziel ist eben nicht nur die Wiederherstellung des Gehörs, sondern eine mit Cochlea-Implantaten oder zentral-auditorischen Implantaten, wenn ein ausreichendes Sprachverstehen in geräuschvoller Umgebung“, erklärt Prof. Lenarz von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Diese vier Bausteine sollte der Patient ausnahmslos von der CI-Klinik erwarten:
eine komplette präoperative Diagnostik inklusive Radiologie mit MRT und CT aus „einer Hand“.
die Implantation mit den chirurgischen und produkttechnischen kompletten Möglichkeiten.
Die postoperative Anpassung und Hörrehabilitation direkt beginnend nach der OP und dann intensiviert bis zum Sprachverstehen in den ersten 4 Wochen nach der Implantation (bezogen auf Erwachsene).
Zugang zu dem multidisziplinären Expertenteam ganzjährig ohne Unterbrechung an der implantierenden Klinik.
Die postoperative klinische Basis- und Folgetherapie hat für den Rehabilitationserfolg einen hohen Stellenwert und muss daher im Rahmen einer kontinuierlichen Versorgung angeboten werden, solange das Implantat genutzt wird. Insgesamt handelt es sich bei der Versorgung mit Cochlea-Implantaten um eine multidisziplinäre Vorgehensweise, die in Zentren mit entsprechenden Fachkompetenzen durchzuführen ist. Deshalb kommen für Cochlea-Implantationen nur Kliniken in Frage, die die klinische Basistherapie selbst durchführen können oder denen entsprechende CI-Zentren und Reha-Kliniken zur Verfügung stehen, die die Folgetherapie in enger Zusammenarbeit unter ständiger Aufsicht und Verantwortung der ärztlichen Leitung der CI-Klinik übernehmen können. Das Angebot muss ganzjährig und bei Bedarf stationär zur Verfügung stehen. Die Basistherapie, Nachsorgetherapie und Nachsorge folgt der Struktur eines verzahnten Prozesses in einem multidisziplinären Team. Alle Disziplinen sind sowohl in den täglichen Prozessen der Basistherapie/Folgetherapie wie auch bei den Vorstellungen im Rahmen der Nachsorge einbezogen und behandeln den Patienten gemeinsam. Die Basis- und Folgetherapie wird indiziert und delegiert durch die implantierende Klinik bzw. den implantierenden Arzt/Ärztin.
Die Basistherapie, die sogenannte Erstanpassung, beginnt in der Regel fünf Wochen nach der Implantation und dem stationären Aufenthalt und beinhaltet:
Die in der Basistherapie begonnenen therapeutischen Maßnahmen werden in der Folgetherapie in Abhängigkeit von den individuellen Therapiefortschritten fortgeführt. Die Anzahl der notwendigen technischen und klinischen Kontrollen sowie der durchgeführten Einstellungen des Implantats ist stark vom Alter, von der Kooperationsfähigkeit, der Ertaubungsursache und -dauer abhängig und daher individuell sehr verschieden.
In der Regel ist mit folgendem Aufwand zu rechnen:
Die Hör- und Sprachtests auch im Störgeräusch, technischen und medizinischen Kontrollen und CI-Anpassungsoptimierungen sollen regelmäßig durchgeführt werden. In der Regel sind die folgenden zeitlichen Abstände (gerechnet ab der Ersteinstellung des Cochlea-Implantat Systems) im ersten Jahr im 3-monatigen Abstand. Im 2. Jahr empfehlen sich die Vorstellungen im 6-monatigen Abstand und später ab dem 3. Jahr jährlich.
Die CI-Versorgung erfordert eine lebenslange Nachsorge durch eine implantierende Klinik und ein CI-Zentrum. Die Nachsorge dient der medizinischen und technischen Kontrolle und Beratung sowie der Überprüfung der Hör- und Sprachleistungen einschließlich Dokumentation mit dem Ziel der Stabilisierung und Optimierung der individuellen Kommunikationsfähigkeit. Sie muss mindestens einmal pro Jahr und bei Bedarf zusätzlich kurzfristig erfolgen.
Die Qualitätssicherung der CI-Versorgung erfordert einen ausreichenden und zweckmäßigen ganzjährigen Raum-, Sach- und Personalaufwand. Sie kann nur durch die Versorgung in Zentren mit entsprechender Ausstattung und qualifiziertem Personal ganzjährig zur Verfügung stehend erfolgen. Da es sich um die Versorgung mit einem aktiven medizinischen Implantat handelt, muss die Therapie durchgängig unter ärztlicher Überwachung stehen. Die Zentren müssen sich eine definierte Struktur mit Qualitätsmanagement geben, wie es bei einem Zertifizierungsprozess notwendig ist.
Als Fachpersonal in einer CI-Klinik bzw. CI-Zentrum sind nicht nur der HNO Facharzt und Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie notwendig, sondern auch Ingenieur / Audiologe, Medizinisch Technischer Assistent für Funktionsdiagnostik (MTAF), der Pädagoge / Logopäde und der Psychologe. Als räumliche Voraussetzungen gilt das Vorhandensein von Arztraum, Anpassraum, Audiometrieräumen sowie Therapieräumen auch für Gruppentherapien.
Für die Versorgung von Kindern ist zusätzlich eine adäquate Unterbringungsmöglichkeit für Begleitpersonen im Rahmen eines Zentrums für stationäre Behandlungen bzw. Ruhe- und Aufenthaltsmöglichkeiten bei ambulanter oder teilstationärer Betreuung notwendig.
Folgende sächliche Ausstattung muss vorhanden sein:
„Nur wenn Sie diese Liste positiv in allen Punkten beantworten konnten, haben Sie sich eine gute CI-Klinik ausgesucht. Bei Ihrer Gesundheit sollten Sie keine Kompromisse machen! In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine erfolgreiche Implantation und heißen Sie anschließend willkommen in der Welt des Hörens!“, so Prof. Prof. h.c. Dr. Thomas Lenarz.